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Frauenweis(s)heiten im April

Ottilia Bütler geht gegen die Achtzig. Wegen ihrer Hörbehinderung galt sie als dumm und arbeitete schon früh wie ein „Knecht“ in der Landwirtschaft. Sie heiratete, hatte sieben Kinder und einen Mann, der sie schlug. Sie verliess ihn und kämpfte für die Ausbildungen ihrer Kinder. In zweiter Ehe hatte sie mehr Glück. Dann erlitt ihr Mann einen Hirnschlag. Ottilia Bütler pflegte ihn bis zur eigenen Erschöpfung – und rappelte sich wieder auf. Heute freut sie sich an ihrer Familie und sagt: «Ich hatte immer wieder Glück in meinem Leben.»

Nach der Pensionierung geniesst Bernadette Kurmann das Zusammensein mit ihrem Mann. Doch immer wieder trifft sie auf Frauen, die ihren Partner verloren haben. Sie leiden, sind traurig, zum Teil werden sie depressiv und fallen in ein tiefes Loch. Wie werde ich das bewerkstelligen, wenn das Schicksal es von mir verlangt, lautet die bange Frage. Manchmal gerät sie in Panik, weil sie weiss, wie fragil die Zweisamkeit ist. Was tun?

Der Film in der Tagesschau ist unvergesslich. Jacinda Ardern, die neuseeländische Premierministerin besucht Angehörige der Opfer des Massakers in Christchurch. Sie trägt ein Kopftuch, und das Ausmass der Tragödie wiederspiegelt sich in ihrem Gesicht. Sie umarmt eine muslimische Frau, die ein kleines Kind auf ihrer Hüfte trägt. Keine PR-Abteilung kann diesen Auftritt geplant haben. Hier steht ein Mensch, eine Frau, eine Mutter und teilt das unfassbare Leid mit den Betroffenen. Sie wird zum Vorbild für die ganze Welt.

Monika Fischer und Bernadette Kurmann

Kontakt
Monika Fischer
fischerabt@bluewin.ch


PORTRÄTS: FRAUEN DER GROSSMÜTTERGENERATION
Das Leben hat Ottilia Bütler für Notsituationen anderer Menschen sensibilisiert.
Das Leben hat Ottilia Bütler für Notsituationen anderer Menschen sensibilisiert.

Mein Leben ist wie eine Perlenkette

Foto und Text: Monika Fischer

Ottilia Bütler (1940) wuchs in einfachsten Verhältnissen mit sieben Geschwistern auf. Weil sie nicht gut hörte, wurde sie in der Schule als dumm abgestempelt. Eine Abklärung gab es damals nicht. Als «billiger Knecht» verrichtete sie in der Jugend harte Arbeit in der Landwirtschaft. Später kämpfte die siebenfache Mutter für die Ausbildung ihrer Kinder. Als ihr Mann gewalttätig wurde, entschloss sie sich, zu gehen: ohne Geld und ohne Sicherheit. Selbstständig baute sie sich ein neues Leben auf. Mit ihrem zweiten Mann hatte sie es besser. Nach seinem Hirnschlag pflegte sie ihn mehrere Jahre. Vergebens suchte sie nach Unterstützung und wurde selber krank. Sie rappelte sich wieder auf und schätzt den guten Kontakt zu ihrer Grossfamilie mit den 14 Enkelkindern. Zufrieden hält sie fest: «Ich hatte immer wieder Glück in meinem Leben.»

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WAS UNS BESCHÄFTIGT

Von der Trauer der Zurückgebliebenen

Bernadette Kurmann

Manchmal, wenn ich am Morgen erwache und mein Mann mir den Rücken krault, bin ich glücklich. Ich spüre seine Wärme, seinen Atmen, nehme den Duft seines Körpers wahr. Es ist das wunderbare Gefühl von Zweisamkeit und Vertrautheit. In solchen Momenten erahne ich, wie wertvoll diese Momente des Zusammenseins sind. Manchmal überfällt mich urplötzlich eine tiefe Traurigkeit. Mir wird bewusst, wie schnell unser Glück ein abruptes Ende finden kann.

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AKTUELL

Da sein als Mensch, als Frau, als Mutter

Bernadette Kurmann

Jacinda Ardern ist die Politikerin der Stunde weltweit. Es ist jene Frau, die sich am 15. März 2019 der grössten Tragödie Neuseelands mit Authentizität, Anteilnahme und Empathie entgegengestellt hat. Ein junger Neuseeländer hatte in zwei Moscheen 50 Muslime erschossen und zahlreiche verletzt. Die 34jährige Premierministerin trat hin, tröstete und vereinte die Menschen ihres Landes: als Mensch, als Frau, als Mutter. Mit ihrem Auftritt zog sie die gesamte Welt in ihren Bann.

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